Hört man sich im Freundeskreis um, so bekommt man mindestens 2-3 unterschiedliche Meinungen zum Thema wie nun eigentlich eine gesunde Ernährung aussehen soll. Und wenn man dann noch in die Tiefen des Internets eintaucht und nach der richtigen "Diabetes-Diät" sucht, findet man schnell noch mehr Potential für Verwirrung.
Im folgenden Artikel wollen wir ein bisschen Klarheit schaffen in Bezug auf das heiß geliebte und viel diskutierte Thema “gesunde Ernährung bei Diabetes”.
Low fat or low carb?
Zunächst ist wichtig zu wissen, dass es nicht die eine richtige “Diät” gibt!
Nach aktuellem wissenschaftlichen Stand gibt es verschiedene Möglichkeiten eine gesunde Ernährung zu gestalten. Hierbei sollte der Fokus nicht nur auf der Verteilung der Makronährstoffe liegen, sondern auch auf deren Qualität. Es ist also nicht nur die Frage ob nun viel oder wenig Fett bzw. Kohlenhydrate. Viel wichtiger sind Fragen wie viel tierisches oder pflanzliches Protein gegessen wird, ob gesättigte oder ungesättigte Fettsäuren oder wie ballaststoffreich die Lebensmittelauswahl ist und wie schnell die kohlenhydrathaltigen Lebensmittel den Blutzucker ansteigen lassen. (1)
Wer abnehmen möchte kann dies laut führender Fachgesellschaften (ADA/ DDG) auf verschiedenen Wegen tun:
- Low-fat: Gesunde Ernährung mit weniger Fett essen
- Low- Carb: Gesunde Ernährung mit reduziertem Kohlenhydratanteil
- Oder beides moderat reduzieren. (1)
Eiweiß ist der einzige Nährstoff, den man nicht reduzieren sollte, da er als wichtiger Baustoff für alle Zellen im Körper und besonders die Muskulatur gebraucht wird. Ansonsten verliert man anstelle des lästigen Bauchspecks letztlich noch die geliebten Muskeln.
Studien deuten darauf hin, dass eine Low-carb Ernährung für einige Menschen mit Typ-2-Diabetes den HbA1c, die Triglyzeride, den Blutdruck und die Menge der Diabetesmedikation deutlicher als eine fettarme Ernährung senkt. (1) Da eine low-Carb-Ernährung langfristig aber oft nicht so gut beibehalten werden kann, ist es аm wichtigsten, dass die gesunde Ernährung, die man für sich individuell wählt zu den persönlichen Gewohnheiten passt und so dann auch langfristig besser beibehalten werden kann. Auch eine vegetarische, vegane oder mediterrane Ernährung ist möglich, jedoch ist keine Ernährungsform nach derzeitigen Erkenntnissen bei Diabetes überlegen. (1)
Nach der Theorie nun zu den praktischen Tipps
Wenn du eher der Typ für alltagstaugliche Anregungen und Empfehlungen bist, solltest du jetzt weiter lesen. Vielleicht ist ja etwas davon für dich dabei.
Getränke:
- Trink hauptsächlich Wasser (mit oder ohne Kohlensäure), Tee und schwarzen Kaffee.
- Reduziere Diätgetränke/zuckerfreie Getränke.
- Vermeide zuckerhaltige Getränke wie Limonaden, Energy Drinks und Säfte. Und wenn es unbedingt Fruchtsaft sein soll, verdünne diesen mit Wasser im Verhältnis 1:5 (2)
Gemüse und Obst
- Gemüse, das keine Stärke enthält (also alles, außer Kartoffeln und Mais), kannst du so viel essen, wie du möchtest.
- Versuche, bei jeder Mahlzeit die Hälfte deines Tellers mit Gemüse zu füllen! Das sättigt gut und trägt dazu bei, dass du viele der notwendigen Vitamine und Mineralstoffe erhältst.
- Wenn du magst, esse 1-2 Portionen Obst pro Tag. Beeren sind dabei besonders empfehlenswert!
Getreide und Kartoffeln
- Bevorzuge Vollkorngetreide (Vollkornbrot, Vollkornreis, kernige Haferflocken) gegenüber raffiniertem Getreide (Weißbrot, weißem Reis). (3)
- Achte generell auf kleinere Kohlenhydrat-Portionen (max. ein Viertel des Tellers bei jeder Mahlzeit). (4) Je mehr du dich körperlich betätigst, desto größer kann deine Kohlenhydrat-Portion sein. Pro Stunde Ausdauersport werden weitere 50 g Kohlenhydrate verbraucht. (2)
- Kartoffeln und auch Mais enthalten viel Stärke, die den Blutzucker schnell ansteigen lässt. Beachte also auch hier die Portionsgröße.
Eiweißreiche Lebensmittel
- Bevorzuge pflanzliche Eiweißquellen wie Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen, Tofu und andere Sojaprodukte. (3)
- Verzehr täglich 25-30 g Nüssen,Samen oder Nussmus (Mandeln, Walnüsse, Kürbiskerne, Chiasamen usw.); als Snack oder um deine Mahlzeit aufzupeppen. (2),(3)
- Genieße mehrmals pro Woche Hülsenfrüchte. Sie enthalten sowohl Kohlenhydrate als auch Proteine. Die enthaltenen Kohlenhydrate sind besonders gut, da da sie den Glucosespiegel nur langsam ansteigen lassen. (3)
- Wegen des hohen Gehalts an gesunden Omega-3-Fettsäuren wird empfohlen, 1-2 x pro Woche fetten Fisch wie Lachs, Makrele oder Hering zu essen. (5),(6)
- Bevorzuge vollfett- und fermentierte Milchprodukte gegenüber fettfreien. (2),(3)
Bei Käse gilt: je fetter, desto schmackhafter, aber achte hier auf die Menge. - Bevorzuge Eier aus artgerechter Haltung und Fütterung.
- Wenn du kein Vegetarier*in bist, bevorzuge mageres Geflügel wie Huhn oder Pute und iss seltener rotes Fleisch. (3)
- Schränke den Verzehr von Wurstwaren wie Salami, Speck und Wurst ein oder vermeide diese sogar.(2),(3)
Fette
- Wähle Oliven-, Raps- und Leinöl sowie Butter. (2),(3)
- Auch Avocados, Oliven, Nüsse und Samen sind gute Quellen für gesunde ungesättigte Fettsäuren. (2)
- Vermeide Transfette, die in verarbeiteten und frittierten Lebensmitteln, Backwaren, Süßigkeiten, Snacks und Fast Food enthalten sind. Sie erhöhen das Risiko erhöhter Triglycerid- und Cholesterinwerte und einer koronaren Herzerkrankungen. (2),(6) Achte auf den Zutatenlisten der Lebensmitteletiketten auf Begriffe wie “gehärtete Fette” oder “teilweise gehärtete” Fette und meide diese, denn darin können viele Transfett enthalten sein. (7)
Zucker, Süßigkeiten und Süßstoffe
- Beschränke dich auf 25 g (6 Teelöffel) zugesetzten Zucker pro Tag. Dies gilt auch für natürliche Süßungsmittel wie Honig, Agaven- und Ahornsirup. (8)
- Wenn du alternative Süßungsmittel benötigst, kannst du Stevia, Xylit und Erythrit, verwenden. (3)
Und für alle Schokoladenfans unter euch: 85%ige Schokolade hat zwar viele Kalorien, erhöht den Blutzuckerspiegel aber nur geringfügig.
Quellen:
(1) DDG: Stellungnahme des Ausschuss Ernährung der DDG zum Consensus Report: Nutrition Therapy for Adults with Diabetes or Prediabetes [Evert AB et al. Diabetes Care 2019;42:731-54 [Internet]. 2019 Sep [cited 2022 Jun 23]
Available from: https://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/fileadmin/alte_seite/Redakteur/Gremien/Ausschuss_Ern%C3%A4hrung_DDG_Stellungnahme_zu_den_ADA_Ern%C3%A4hrungsempfehlungen.pdf
(2) VDBD: Diabetes und Ernährung [Internet]. 2017 Oct [cited 2022 Jun 23]
Available from: https://www.vdbd.de/fileadmin/portal/redaktion/Publikationen/171018_vdbd_ernahrung_download_end.pdf
(3) Nussbaumer H. Ernährungsempfehlungen bei Typ-2-Diabetes: Für Diabetesberatung und -schulung. 1th ed. 2018.
(4) ADA: Eat good to feel good.[Internet]. [cited 2022 Jun 23]
Available from: https://www.diabetes.org/healthy-living/recipes-nutrition/eating-well
(5) ADA: Protein.[Internet]. [cited 2022 Jun 23]
Available from: https://www.diabetes.org/healthy-living/recipes-nutrition/eating-well/protein
(6) DDG: trans-Fettsäuren und ihr Einfluss auf die Gesundheit.[Internet] 2016 May [cited 2022 Jun 23]
Available from: https://www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/fachinformationen/trans-fettsaeuren/#:~:text=Eine%20hohe%20Zufuhr%20von%20trans,Cholesterolkonzentration%20im%20Blut
(7) ADA: Fats.[Internet]. [cited 2022 Jun 23]
Available from: https://www.diabetes.org/healthy-living/recipes-nutrition/eating-well/fats
(8) WHO: WHO calls on countries to reduce sugars intake among adults and children [Internet]. 2015 Mar [cited 2022 Jun 23]
Available from: https://www.who.int/news/item/04-03-2015-who-calls-on-countries-to-reduce-sugars-intake-among-adults-and-children
(9) Davies M, et al. Management of hyperglycaemia in type 2 diabetes. A consensus report by the American Diabetes Association (ADA) and the European
Association for the Study of Diabetes (EASD), Diabetologia. 2018 61:2461–2498, p.19
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